Die drei Kirchen der kunstinitiative 2020/21 in Wiesbaden

Kreuzkirche Wiesbaden

Die Kreuzkirche wurde Ende der 1950er Jahre gebaut und ist aufgrund ihrer besonderen Architektur als Zeitzeugnis denkmalgeschützt. Äußerlich zeigt sich dies vor allem in der zeittypischen Schlichtheit des Kirchenschiffes aus Sichtbeton und in der Feinheit der Architektur des Turmes, der als Campanile frei auf dem Vorplatz der Kirche steht.

Die Architektur bestimmt auch den Innenraum der Kirche. Sie ist klar, einfach und erinnert in ihrem Grundriss an die ursprüngliche Form der romanischen Dome.  Vor allem bei Sonnenschein sollte man nicht versäumen, den Innenraum aufzusuchen: Durch die Glasrelieffenster der Malerin Lore Nießner fällt dann ein farbenfrohes Lichterspiel, das den Betrachter und Kirche einhüllt.

 

Interview mit dem Pfarrer der Kreuzkirche, Ralf Schmidt

„Den Horizont erweitern“

Was hat Sie und ihre Gemeinde bewegt bei der „kunstinitiative2020“ mitzumachen?

Ralf Schmidt: Ich bin schnell begeisterungsfähig und habe mir gleich gedacht, das ist eine coole und bereichernde Sache, da machen wir mit. Wir sind ein quirliger und lebendiger Kirchenvorstand, den die Neugierde verbindet. Wir sind immer offen für neue Eindrücke und bereit, uns auf Unerwartetes einzulassen. Dass wir vorher nicht wissen, welches Kunstobjekt für und in unserer Kirche verwirklicht wird, hat uns angespornt, die Kreuzkirche als Ausstellungsort zur Verfügung zu stellen.

Was erhoffen Sie sich von dem Projekt?

Ralf Schmidt: Es ist zum einen eine Chance, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die unsere Kirche sonst nicht besuchen. Zum anderen bedeutet das aber auch für die Gemeinde, über den Tellerrand hinaus zu schauen, sich mit dem Thema „Die Anderen“ und der künstlerischen Interpretation auseinanderzusetzen. Ich hoffe auf Begegnungen und Diskussionen und auf bereichernde Erfahrungen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Kunst in der Kreuzkirche gemacht?

Ralf Schmidt: Seit vielen Jahren haben wir Kunst in der Kirche und wir machen damit gute Erfahrungen und stoßen auf positive Resonanz. Insbesondere auch Kunst die provoziert, findet bei uns Platz. Sie lädt ein zur Auseinandersetzung. Kunst muss nicht schön sein oder gefallen, aber sie muss qualitativ gut sein, das ist uns wichtig. Unsere Kirche ist eine Betonkirche, eine Art Markenzeichen im Nordosten von Wiesbaden, sie ist schlicht gehalten und bietet daher sehr viel Raum für künstlerische Entfaltung.

Was macht für Sie das Besondere der kunstinitiative aus?

Ralf Schmidt: Normalerweise bieten wir als Kirche eine Plattform für Kunst, bei der kunstinitiative ist die Kirche aber selbst Quelle der Inspiration, das finde ich toll. Das Kunstwerk entsteht sozusagen für und mit dem Ort. Daher bin ich sehr gespannt auf das Kunstwerk und die Möglichkeit, den Kirchenraum überraschend anders wahrzunehmen. Und ich bin gespannt auf die Reaktionen der Kirchenmitglieder. In die Zeit der Ausstellung fallen drei Trauungen und 15 Taufen. Das wird sicherlich für Gesprächsstoff sorgen.

Das Interview führte Britta Jagusch.

 

Marktkirche Wiesbaden

Die „Evangelische Hauptkirche“ von Wiesbaden, die am 13. November 1862 eingeweiht wurde, bildet ein einzigartiges Ensemble mit dem benachbarten Rathaus und dem hessischen Landtag gegenüber. Der von Carl Boos entworfene Kirchenbau besteht aus einem basilikalen Gebäude mit einem polygonalem Chor und schmal angelegten Seitenschiffen.

Ursprünglich war ein verputzter Bruchsteinbau aus Sonnenberger Sandstein vorgesehen. Als jedoch über dem fertiggestellten Sockelgeschoss aus Bruchstein mit den Arbeiten am aufgehenden Mauerwerk begonnen werden sollte, entschied sich Boos für einen Backsteinbau mit Zierelementen aus rotem Mainsandstein.

 

Bergkirche Wiesbaden

Die Wiesbadener Bergkirche ist 1876-79 auf einer Anhöhe über den beißen Quellen des Kochbrunnens von Johannes Otzen, einem bekannten Vertreter des Historismus, in neugotischem Stil errichtet worden.

In der Ausrichtung des Chor­raums nach Osten, entspricht der Archi­tekt alter christlicher Kir­chenbautradition. Ebenso mit der Beibehaltung des kreuzförmigen Grundrisses, wobei er jedoch das Langhaus und das Querschiff jeweils verkürzte, die Seitenschif­fe zu Gängen werden ließ und die Vierung zu einem großen unregelmäßigen Achteck erweiterte.Für die Wände des Kirchenbaus verwendetet Otzen, den damals günstig und schnell herzustellenden Backstein.

Auffallendes Merkmal der Bergkirche ist die Ausmalung des Innenraumes. Die umfangreichen figürlichen Darstellung der vier Evangelisten, zwölf Apostel und Reformatoren sind umgeben von Ornamentbändern mit Pflanzenmotiven. So verbindet sich der warme Farbton des Back­steins mit den lebhaften Formen der Orna­mente und den Farben der Bilder auch heute noch zu einem unverwechselbaren Gesamtbild.